In zwei Sätzen: Wofür steht der Exzellenzcluster QuantumFrontiers?
Unser zentrales Thema ist die Quantenmetrologie: Wir erforschen die Grenzen des Messens und zwar von den ganz kleinen Maßstäben, wie etwa einzelnen Ionen oder Atomen, bis hin zu den ganz großen Maßstäben, beispielsweise Gravitationswellen. Und im Kleinen wie im Großen wollen wir diese Grenzen verschieben, um unser Verständnis der Welt zu erweitern. Denn genaue Messungen sind entscheidend für jeden Fortschritt in Physik und Technologie.
Die Messgenauigkeit ist schon heute sehr hoch. Weshalb ist es wichtig, noch exakter zu messen?
Fundamentale Fragen der Physik sind noch immer unbeantwortet. Zum Beispiel ist es bisher nicht gelungen, zentrale Konzepte wie die Gravitation mit der Quantenfeldtheorie zu vereinen. Und wir wissen zwar, dass es dunkle Materie und dunkle Energie geben muss, aber wir haben bisher keine Idee, was genau das sein soll. Die hochpräzisen Messinstrumente, die wir entwickeln, können dazu beitragen, neue Antworten zu finden. Wir sind auf der Suche nach neuer Physik jenseits des Standardmodells.
Es geht aber nicht nur um Grundlagenphysik. Unsere Forschung ist auch Ausgangspunkt für praktische Anwendungen, etwa in der Navigation. Die Positionsbestimmung von Smartphones oder auch Fahrzeugen basiert auf Atomuhren. Je präziser diese messen, desto exaktere Ortsangaben sind möglich. In Zukunft möglicherweise bis auf einen Millimeter genau.
Genauere Messmethoden sind auch nötig für höchstpräzise Erdbeobachtung und robuste, effiziente Quantensensoren, die Rückschlüsse zum Beispiel auf Veränderungen des Wasserkreislaufes und andere umwelt- und klimarelevante Prozesse erlauben.
Was hat QuantumFrontiers bei diesen Themen bereits in der ersten Förderperiode erreicht?
Wir haben eine weltweit führende Position bei der Entwicklung und Erforschung von Atomuhren eingenommen. Wir haben die besten Uhrenlaser der Welt, die genauesten Atomuhren Europas und mit der ersten Realisierung einer neuartigen Atomkernuhr haben wir einen großen Schritt hin zur nächsten Generation von Atomuhren gemacht. Daran haben Forschende zwanzig Jahre gearbeitet.
Oder unser Beitrag zur Entdeckung der Gravitationswellen. Erst die Laserlichtquellen aus Hannover haben das internationale Netzwerk an Detektoren auf das Empfindlichkeitslevel gebracht, das nötig war, um Gravitationswellen schließlich nachweisen zu können.
In den letzten sieben Jahren haben wir QuantumFrontiers zu einem weltweit einzigartigen Zentrum der Quantenmetrologie aufgebaut. Und das ist erst der Anfang: In den kommenden sieben Jahren werden wir gemeinsam mit unseren Partnern die Grenzen des Messbaren weiter verschieben und Wissenschaft und Gesellschaft nachhaltig prägen.
Was sind die konkreten Ziele für die zweite Förderperiode?
Wir werden auf unseren Erfolgen aufbauen und haben uns ambitionierte Ziele gesetzt. Im Bereich der Uhren wollen wir das nächste Präzisionslevel erreichen und Uhren mit einer Ungenauigkeit von 10-19, also 19 Stellen hinter dem Komma realisieren. Diese schaffen im Bereich der Fundamentalphysik oder der Geodäsie ganz neue Möglichkeiten – etwa um das Rätsel der dunklen Materie lösen zu können.
Wir machen aber nicht nur einfach weiter wie bisher, sondern haben unser Forschungsprogramm um neue Aspekte ergänzt. Das Thema Quantencomputer war bisher kein Schwerpunkt von QuantumFrontiers. Mit unseren Kompetenzen bei gefangenen Ionen, in der Kontrolle von Vielteilchensystemen und theoretischen Modellen fügt es sich aber extrem gut in unsere Aktivitäten ein. Hier werden wir in den kommenden Jahren einen neunen Fokus setzen und einen entscheidenden Beitrag zum fehlertoleranten Quantencomputing leisten, eine Technik die Materialwissenschaft, Kryptographie und Kommunikation revolutionieren kann.
Und mit unserem gänzlichen neuen Forschungsschwerpunkt Sharing Science wollen wir sicherstellen, dass der Transfer von Forschungswissen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft positiv gelingt. Die Quantentechnologien haben das Potential für tiefgreifende Veränderungen. Wir müssen uns auch als Forschende mit den gesellschaftlichen Auswirkungen und kulturellen Kontexten befassen. Wir wollen die Gesellschaft quantenfähig machen.
Die Bewilligung einer zweiten Förderperiode bestätigt die exzellenten Forschungsleistungen von QuantumFrontiers. Was macht den Cluster so erfolgreich?
Wir sind ein wirklich gutes Team! QuantumFrontiers, das sind mehr als 400 Forschende, von sieben Einrichtungen in Hannover, Braunschweig und Bremen. Und es gelingt uns sehr erfolgreich, über Team- und Institutsgrenzen hinweg zu kooperieren. So können wir Dinge erreichen, die für Einzelne nicht möglich sind. Aus diesem Grund haben wir übrigens auch die Gründung des Quantum Valley Lower Saxony angestoßen. Dieses Netzwerk bringt rund um die Quantentechnologie Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen und wird auch weiter bestehen, wenn QuantumFrontiers nach Ablauf der zweiten Förderperiode nicht noch einmal verlängert werden kann.