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Licht zaubert Spin und Twist

Licht zaubert Spin und Twist

© IPKM/TU Braunschweig

Mit ihrer Arbeit zu chiraler Fluktuation in Flüssigkeiten ist es einem Team der Physik der TU Braunschweig zusammen mit der Chemie der JGU Mainz gelungen, mittels Licht die Chiralität eines Systems zu verändern. Dabei konnten sie erstmals die Beiträge der Chiralität (Twisted Light) von der Händigkeit des Lichts klar unterscheiden. Ihre Veröffentlichung wählte die Fachzeitschrift Physical Review Letters als Editors‘ Suggestion aus.

Chiralität und Twisted Light

Chiralität ist eine Eigenschaft von Elementarteilchen, Molekülen und Festkörpern. Sie spielt eine wichtige Rolle in den Lebenswissenschaften und der Physik von Elementarteilchen und speziellen Halbleitern. Ihre Basis ist der Unterschied zwischen der Anordnung eines Objekts und ihrem Spiegelbild (Inversion). Chiralität ähnelt damit dem Unterschied zwischen der rechten und der linken Hand, auch Händigkeit genannt.

Bei Twisted Light geht es darum, dass Licht zusätzlich zur Händigkeit auch eine Drehimpulskomponente haben kann, die auf Atome und Moleküle  übertragen werden kann. Das Licht pflanzt sich einerseits gradlinig fort, kann sich aber auch um seine eigene Achse drehen („twisting“). Dieser Drehimpuls kann durch Wechselwirkung mit Materie nachgewiesen werden. Im Exzellenzcluster QuantumFrontiers steht diese Eigenschaft im Mittelpunkt einer Topical Group, die die Wechselwirkung von Twisted Light zum Beispiel mit gefangenen Ionen und eben auch mit komplexen chiralen Systemen untersucht.

Experimentell zum Effekt

In der Veröffentlichung aus dem Institut für Physik der kondensierten Materie der TU Braunschweig zusammen mit der Anorganischen Chemie aus Mainz geht es um die Frage, ob die Phase von Twisted Light an chirale Moleküle oder Festkörper ankoppeln kann. „Intensive theoretische Untersuchungen haben viele Argumente für oder gegen eine solche Kopplung eröffnet. Erste Experimente konnten aber weder das eine, noch das andere bestätigen“, sagt Peter Lemmens, Professor an der TU Braunschweig.

„Wir haben schließlich einen anderen Ansatz gewählt. Unter der Prämisse, dass es diese Kopplung gibt, haben wir die Parameter des Experiments so eingestellt, dass der Effekt maximal groß sein müsste. Als dann der Effekt tatsächlich eintrat, schlossen wir systematische und aufwendige Untersuchungen an, um diesen zu verstehen. Dabei konnten wir nachweisen, dass man mit Licht die Chiralität eines Systems verändern kann und dabei die Händigkeit von der Phase des Lichts unterscheidbar ist.“

Neue Möglichkeiten für die Anwendung von Twisted Light

Twisted Light wird mit Blick auf verschiedenste Anwendungen, wie Hochauflösungsmikroskopie, präziserer Frequenz-Metrologie, optische Uhren, Quanten-Informationsübertragung und der Suche nach dunkler Materie im All erforscht. Der Erfolg des Teams im Bereich der Kopplung mit chiralen Systemen öffnet Wege, neue, optisch und chiral aktive Instrumente und Materialien zu entwerfen.

 

Originalpublikation:
Silvia Müllner, Florian Büscher, Angela Möller, and Peter Lemmens
Discrimination of Chiral and Helical Contributions to Raman Scattering of Liquid Crystals Using Vortex Beams
Physical Review Letters 129, 207801 (2022)
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.129.207801